«Den Glauben an die Spiele habe ich nie verloren»


Text von Jürg Trittibach und Joel Schürch

Bereits im April startete die internationale Rudersaison mit der EM. Schlag auf Schlag folg(t)en die Weltcuprennen, bis dann Ende Juli das grosse Ziel Olympia für Joel Schürch ansteht.

Dass er in Tokio um olympische Meriten kämpfen kann, ist seinem bisherigen Karriere-Highlight zu verdanken. An den Weltmeisterschaften 2019 in Linz-Ottensheim sicherte er sich als Schlagmann des Vierer-ohne-Riemenprojekts zusammen mit seinen Kollegen den ersehnten Olympia-Quotenplatz. Dass sich das noch junge Vierer-ohne-Projekt in Linz den Olympiaquotenplatz auf der Habenseite verbuchen konnte, war eine freudige, nicht zwingend erwartete Überraschung. Die damalige Konstellation schildert Joel so: «Es ist immer schwierig, ein völlig neues Boot mit neuen Athleten zu starten. Es braucht einfach Zeit. Am Anfang wurden wir oft belächelt, aber diese Zeiten sind definitiv vorbei. Man vergisst schnell, dass die meisten erfolgreichen Boote schon viele Jahre zusammen rudern.» Um nachzuschieben, welche Gefühle die Zielerreichung auslöste: «Die Olympiaqualifikation zu holen war ein grossartiges Gefühl und ein erster Step für unser Team. Ich glaube wir haben noch viel Luft nach oben.»

2020 war wegen Corona nichts mit Olympia Noch Anfang 2020 war das das Covid-19-Virus weit weg und das Ruder-Nationalkader auf Olympia-Kurs. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse, Am 23. März 2020 wurde der überbordenden Coronawelle Tribut gezollt und vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) die Olympischen Spiele um ein Jahr verschoben. Joel schildert wie er von der Nachricht erfuhr: «Ich war gerade in Isolation als Vorbereitung für das Trainingslager in Tenero, als die Verschiebung der Spiele publik wurde. Es hat mich zuerst einige Tage und Gespräche gekostet, dieser Entscheid zu verdauen.» Dass es gelingen kann eigentlich zu Beginn komplett negativen Ereignissen auch positive Aspekte abzugewinnen, dafür ist Joel ein Beispiel: «Schlussendlich hat uns die Coronasituation nochmals ein Jahr geschenkt, in dem wir als Team noch besser zusammenfinden können. Auf diesem Niveau braucht es einfach sehr viele Kilometer zusammen bis man die perfekte Harmonie findet», beurteilt er die Geschehnisse. Nichts ist beständiger als die Veränderung. Wie schnelllebig der Sport ist, lässt auch auch am Beispiel der Bootsbesetzung des Vierer-ohne ersehen. Vom 2019 den Quotenplatz sich sichernden Quartett ist seit den Vorjahres-Trials Augustin Maillefer nicht mehr dabei. Die Suche nach der idealen, das Boot optimal in Fahrt kommen lassenden Bootszusammensetzung ging auch bei den Trials 2021 von Neuem weiter. Aus der sechs Athleten umfassenden Truppe schälte sich die Crew mit Amerika-Rückkehrer Andrin Gulich am Schlagplatz sowie den bestandenen, bereits vorher im Boot sitzenden Joel Schürch, Paul Jacquot und Markus Kessler heraus. Dabei auch der zwischenzeitlich verletzte Nicolas Kamber und Scott Bärlocher. Weiterhin unter der Aegide von Trainerin Anne-Marie Howald, deren Wirken Joel hervorhebt: «Das Engagement unserer Projekttrainerin ist riesig. Sie hat immer an uns geglaubt. Sie brachte uns alle auf einen technisch hohen Level und formte uns zu einer Einheit.» Guten Mutes in die Olympiasaison Dass die Austragung der Europameisterschaften und der drei Regatten umfassenden Weltcup-Serie in Absichtserklärungen das Go-Signal erhielten, freut Joel ungemein: «Die Erleichterung ist schon riesig. In unserem Team vermissen wir alle das Rennen fahren. Das ist der Lohn für die Strapazen im Winter und die unendlichen Kilometer auf dem Wasser und Ergometer», lautete seine Aussage. Das Szenario der Austragung der Olympischen Spiele ist damit auch für Joel einen Schritt realistischer geworden. «Den Glauben an die Spiele habe ich nie verloren. Im Kopf fanden die Olympischen Spiele schon immer statt. Es gibt keine andere Option. Ich denke, eine andere Einstellung kann man nicht haben, ansonsten ist es sehr schwierig jeden Tag 100 Prozent auf dem Wasser zu geben.»
Der weite Weg vom Leicht- zum Schwergewicht 2016 gewann Joel Schürch zusammen mit Fiorin Rüedi die U23-Weltmeisterschaft im Doppelzweier. Dies in der Leichtgewichtskategorie und mit der Absicht, in die Fussstapfen der Olympiasieger von Rio de Janeiro – Bruder Simon, Mario Gyr, Simon Niepmann und Lucas Tramèr – zu treten. Dann erfolgte im Frühjahr 2017 unter dem Druck des IOC der Joel die ursprünglichen Perspektiven nehmende Entscheid des Weltruderverbands World Rowing, das Leichtgewichtsrudern zurückzustufen. Umdenken war bei Joel angesagt. «Die Gewichtsklasse wechselte ich erst, nachdem im Frühjahr 2017 entschieden wurde, dass der leichte Vierer-ohne keine olympische Bootsklasse mehr sein wird», kommentiert er die sich damals ergebende Situation. Gesagt, getan: Der Umstieg in die Openklasse wurde für Joel zum Programm. «Ich wusste, dass ich genug gross bin für ein Schwergewicht. Ob ich wirklich soviel zunehmen kann, wusste ich nicht. Somit war es schon ein bisschen ein Experiment. Wer nicht wagt der nicht gewinnt. Ich wusste auch, dass es Zeit braucht, deshalb fing ich gleich im ersten Olympiajahr damit an. Viel Essen, gezielter Muskelaufbau im Kraftraum und möglichst keine Ausdauereinheiten verhalfen mir zu den nötigen Kilos», schildert er das Vorgehen.

Hilfreiche Supporter Ohne Unterstützung sportaffiner Firmen, Einzelpersonen und Instiutionen ist die Karriere als Spitzensportler in einer Randsportart und der Weg an die Olympischen Spiele in Tokio nicht möglich. So kann der aus Schenkon stammende, dem Seeclub Sursee angehörende Joel auf treue Supporter zählen. «Ich habe das Glück, dass ich sehr treue Sponsoren habe, die mich auch in solchen wirtschaftlich schwierigen Zeiten unterstützen. Vielen Dank an meine grösstenteils aus der Region stammenden Sponsoren Intercheese AG, Gähwiler AG, Schürch & Zimmerli AG, Avus Auto AG sowie an die Stiftung Schweizer Sporthilfe und die vom Kanton Luzern initiierte Aktion ‹Unsere Helden Luzern – Luzerner Olympia- und Topsportlerteam›».

 


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